Teresa Dujmovits

Niederlande, Friedensdienst 2021

Meinen Friedensdienst habe ich von September 2021 bis Juni 2022 an der Carnegie Foundation Friedenspalast in Den Haag in den Niederlanden geleistet. Der Friedenspalast ist Sitz des Internationalen Gerichtshofs, des Hauptrechtsprechungsorgans der UNO, des Ständigen Schiedshofs (PCA) sowie der Haager Akademie für Völkerrecht. Hier werden nach dem Motto “Peace through law” Konflikte zwischen Staaten durch Rechtsprechung auf faire und friedliche Weise gelöst. Die Carnegie Foundation dient diesen Institutionen, sie ist Verwalterin des Palastes, kümmert sich um dessen Erhaltung und betreibt das Besucherzentrum und die Völkerrechtsbibliothek.

Ich habe mit 17 Jahren maturiert und wollte mir dieses „gewonnene“ Jahr Zeit nehmen, etwas Neues zu probieren und nach der Covid-Zeit endlich ins Ausland zu gehen. Der Friedensdienst hat mir die Möglichkeit gegeben, einer Vielzahl an Aufgaben in einer breit aufgestellten Organisation nachzugehen. Hauptsächlich habe ich mich mit Public Education befasst. Ich war unter anderem Besucherzentrumsmitarbeiterin, Dolmetscherin, Tourguide, Bibliothekarin, Greffière bei einem Moot Court und ziemlich oft Mädchen für alles, im allerbesten Sinn. Wertvoll war für mich der große Freiraum für eigene Projekte. Als Maturantin und Freiwillige in einer solchen Organisation für voll genommen zu werden, Dinge entscheiden und managen zu dürfen, war großartig. Als zusätzliche Challenge war die Arbeitssprache an der Stelle Niederländisch, was ich mir von meinen im davor Selbststudium erworbenen Basics erst einmal auf Alltagsniveau ausbauen musste.

Und dann ist während meines Friedensdienstes der Krieg plötzlich sehr nahegekommen. Mit dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine hat der Friedensdienst für mich plötzlich eine ganz neue Perspektive bekommen, und zwar nicht nur privat: schon Ende Februar 2022 hat die Ukraine dem Internationalen Gerichtshof eine Klage gegen Russland vorgelegt, und Mitte März wurde die ersten provisional measures ausgesprochen – im Großen Rechtssaal des Friedenspalastes. Ein endgültiges Urteil steht noch aus. Diesen Fall aus allernächster Nähe verfolgen zu können, war schon etwas Besonderes. Vor diesem Hintergrund waren mir vor allem die Workshops mit Schulkindern wichtig, die oft mit einer ganz anderen Perspektive an den Palast kommen und deren Fragen zu beantworten („Wenn es den Friedenspalast gibt, warum ist noch immer Krieg?“) meistens ziemlich herausfordernd war. Kinder den Palast verlassen zu sehen, in dem Wissen, sie zum Nachdenken angeregt zu haben über Frieden und Recht, ist ein gutes Gefühl. In diesen und so vielen anderen Momenten bin ich sicher, mit meiner Arbeit etwas Sinnvolles getan tun haben.

Privat war die erste Hälfte meines Dienstes war leider noch sehr von (Abend)Lockdowns beeinflusst. Wochenlang Abende allein in meinem Zimmer zu verbringen war nicht immer lustig. Dafür konnte ich danach umso mehr Land und Leute kennenlernen und reisen. Der Auslandsdienst war mir nicht nur ein gutes Netzwerk, um während meines Dienstes andere Auslandsdiener*innen zu besuchen, auch danach bin ich gern bei Alumnitreffen dabei, und war ein gutes Jahr nach Dienstende auch wieder am Friedenspalast auf Besuch. Auch das Land bleibt mir erhalten. Ich lese noch ab und zu niederländische Nachrichten, merke, wie ich aufgehe, wenn ich an der Uni jemanden zum Niederländischquatschen finde – und dass mein Fernweh nach den Niederlanden vielleicht schon ein bisschen zu Heimweh geworden ist.

Auch wenn ich mich gerade in meinem Bachelorstudium Philosophy & Economics nicht mehr in dieser Intensität mit Frieden und Recht beschäftige: es ist etwas, das ich mitnehme aus Den Haag. Genauso wie viele Fähigkeiten, die ich dort lernen und festigen konnte, ein besseres Verständnis für internationale Zusammenarbeit, mein Niederländisch, Flexibilität und viele schöne Erinnerungen. Und trotz der Kriege in Europa und auf der Welt habe ich die Niederlande mit einem positiven Gefühl verlassen: Frieden ist keine Selbstverständlichkeit. Aber früher war Frieden für mich etwas, auf das man hoffen muss. Der Friedensdienst hat mich gelehrt, dass man dafür aktiv arbeiten kann.